Annex 22 & KI im Labor: Was die neue EU-GMP-Leitlinie für Ihren Laboralltag bedeutet
Die pharmazeutische Industrie steht vor einem Wendepunkt: Annex 22 zur EU-GMP-Leitlinie bringt erstmals klare Regeln für KI im Labor. Während viele Unternehmen bereits Künstliche Intelligenz im Labor nutzen oder den Einsatz planen, herrscht Unsicherheit über die neuen regulatorischen Anforderungen.
Die gute Nachricht vorweg: Der neue Entwurf ist keine Verbotsliste, sondern ein Wegweiser für den GxP-konformen Einsatz von Large Language Models (LLMs) und anderen KI-Technologien im regulierten Umfeld.
Was genau ist Annex 22 und warum ist es wichtig?
Annex 22 ergänzt die bewährte Annex 11-Leitlinie um spezielle Bestimmungen für KI-basierte Systeme. Während Annex 11 traditionelle computergestützte Systeme abdeckt, adressiert der neue Entwurf die besonderen Herausforderungen moderner KI-Assistenzsysteme.
Der Fokus liegt dabei auf Systemen, die:
- Durch maschinelles Lernen ihre Funktionsweise verändern
- Komplexe Datenanalysen ohne explizite Programmierung durchführen
- Entscheidungsunterstützung in der pharmazeutischen Qualitätssicherung bieten
Wichtig zu verstehen: Annex 22 befindet sich noch in der öffentlichen Konsultation. Die finale Fassung kann sich ändern, aber die Grundprinzipien sind bereits erkennbar.

Der Annex-22-Entwurf lässt zentrale Begriffe wie „kritisch“ unklar – und eröffnet damit großen Interpretationsspielraum. Doch gerade diese Unschärfe darf nicht dazu führen, den Einsatz von KI im Labor pauschal auszuschließen – das wäre ein Rückschritt, kein Schutz.
Kritisch oder nicht-kritisch: Die zentrale Unterscheidung
Das Herzstück von Annex 22 ist die Differenzierung zwischen kritischer Anwendung und nicht-kritischer Anwendung von KI und GMP-Systemen. Diese Einteilung entscheidet über den erforderlichen Validierungsaufwand.
Wann wird KI als kritisch eingestuft?
Hier liegt eine zentrale Schwäche von Annex 22: Die Leitlinie liefert keine präzise Definition für kritische Anwendungen. Diese Unschärfe führt zu Interpretationsspielraum und Unsicherheit in der Praxis.
Der Entwurf nennt lediglich allgemeine Kriterien, die jedoch viel Raum für unterschiedliche Auslegungen lassen:
- Direkter Einfluss auf Produktqualität oder Patientensicherheit
- Automatisierte Entscheidungen ohne ausreichende menschliche Kontrolle
- Mangelnde Nachvollziehbarkeit oder Reversibilität
- GMP-relevante Prozesssteuerung
Wichtig: Diese Unschärfe bedeutet nicht, dass automatisch alle KI-Anwendungen als kritisch zu betrachten sind! Vielmehr erfordert sie eine durchdachte, risikobasierte Bewertung jedes Einzelfalls.
Mögliche Betrachtungsweisen für die Kritikalitätsbewertung:
Ansatz 1: Eingriffstiefe
- Gibt die KI nur Empfehlungen (unkritisch)?
- Trifft sie autonome Entscheidungen (potenziell kritisch)?
- Greift sie direkt in GMP-Prozesse ein (kritisch)?
Ansatz 2: Ausfallrisiko
- Was passiert bei falschen KI-Ergebnissen?
- Sind die Konsequenzen reversibel?
- Existieren Sicherheitsnetze und Kontrollmechanismen?
Ansatz 3: Regulatorische Relevanz
- Beeinflusst die KI GMP-dokumentierte Prozesse?
- Wirkt sie auf validierte Systeme ein?
- Hat sie Einfluss auf Batch Records oder Freigabeentscheidungen?
Beispiele zur Orientierung:
- Wahrscheinlich kritisch: Automatische Chargenfreigabe, KI-gesteuerte Analysenergebnisbewertung
- Wahrscheinlich unkritisch: Literaturrecherche, Schulungsunterstützung, Wartungsplanung
- Grauzone: Trend-Analysen mit Handlungsempfehlungen, automatisierte Berichtserstellung
Die fehlende klare Abgrenzung erfordert eine sorgfältige, dokumentierte GxP-Risikobewertung für jeden Anwendungsfall – idealerweise in Abstimmung mit der Qualitätssicherung und regulatorischen Experten.
Nicht-kritische KI: Mehr Flexibilität im Laboralltag
Die meisten KI-Anwendungen in Laboren fallen jedoch in die Kategorie nicht-validierungspflichtige KI. Diese unterstützenden Systeme können mit reduzierten Anforderungen betrieben werden:
- Dokumentenbasierte KI zur Informationssuche
- LLMs für Schulungszwecke und Wissensvermittlung
- Datenanalyse-Tools zur Trendidentifikation
- Automatisierte Berichte ohne direkte GMP-Relevanz
Der entscheidende Faktor: Die finale Entscheidung bleibt immer beim Menschen, und alle Aktionen sind nachvollziehbar dokumentiert.
Validierung von KI: Was ist wirklich erforderlich?
Auch nicht-kritische Anwendungen müssen gewissen Standards genügen. Annex 22 definiert klare Kontrollmechanismen:
Technische Anforderungen:
- Audit Trail: Vollständige Protokollierung aller Eingaben und Ausgaben
- Modellfixierung: Verwendung definierter, getesteter Versionen
- Zugriffskontrolle: Beschränkung auf autorisierte Nutzer
- Human-in-the-loop: Menschliche Überwachung und Entscheidungshoheit
Organisatorische Maßnahmen:
- Dokumentierte Risikobewertung für jeden Anwendungsfall
- Klare Verantwortlichkeiten und Eskalationswege
- Regelmäßige Überprüfung der KI-Performance
- Schulung der Anwender
Praxisbeispiel: Wie Thunder AI die Anforderungen erfüllt
Moderne KI in GMP-regulierten Laboren wie Thunder AI zeigen, wie die Balance zwischen Innovation und Compliance gelingen kann. Solche Systeme bieten:
- Dokumentenbasierte Antworten mit nachvollziehbaren Quellen
- Strikte Datentrennung und Zugriffskontrolle
- Vollständige Audit-Protokolle für alle Interaktionen
- Human-in-the-loop-Prinzip bei allen Empfehlungen
So können Labore von KI-Unterstützung profitieren, ohne regulatorische Anforderungen KI zu verletzen.
Strategische Empfehlungen für Laborleiter
1. Bestandsaufnahme durchführen
Erfassen Sie alle aktuell genutzten KI-Tools und bewerten Sie diese nach den Kriterien von Annex 22. Nicht jede ChatGPT-Nutzung für Recherchezwecke ist automatisch kritisch.
2. Risikobewertung implementieren
Entwickeln Sie einen systematischen Ansatz zur GxP-Risikobewertung neuer KI-Anwendungen. Dies schafft Rechtssicherheit und ermöglicht fundierte Entscheidungen.
3. Prozesse dokumentieren
Erstellen Sie klare SOPs für den KI-Einsatz, definieren Sie Verantwortlichkeiten und etablieren Sie Audit-Mechanismen.
4. Mitarbeiter schulen
Sensibilisieren Sie Ihre Teams für die regulatorischen Anforderungen und schaffen Sie Bewusstsein für den korrekten Umgang mit KI-Tools.
Die Zukunft: KI als Chance, nicht als Risiko
Annex 22 signalisiert nicht das Ende der KI-Innovation in Laboren, sondern deren Professionalisierung. Unternehmen, die jetzt proaktiv handeln, können sich wichtige Vorteile sichern:
- Innovationsvorsprung durch regelkonforme KI-Integration
- Effizienzgewinne bei gleichzeitiger Compliance
- Wettbewerbsvorteile durch strukturierte Digitalisierung
- Zukunftssicherheit für kommende regulatorische Entwicklungen
FAQ: Die wichtigsten Fragen zu Annex 22 und KI im Labor
1. Muss ich jetzt alle KI-Tools aus meinem Labor entfernen?
Nein, definitiv nicht. Annex 22 verbietet KI nicht, sondern reguliert deren Einsatz. Die meisten unterstützenden KI-Anwendungen können mit angemessenen Kontrollmaßnahmen weiter genutzt werden. Entscheidend ist die Unterscheidung zwischen kritischen und nicht-kritischen Anwendungen.
2. Was ist der Unterschied zwischen Annex 11 und Annex 22?
Annex 11 regelt traditionelle computergestützte Systeme, während Annex 22 spezifisch auf KI- und Machine Learning-Systeme ausgerichtet ist. Annex 22 ergänzt Annex 11 und berücksichtigt die besonderen Eigenschaften von lernenden Systemen wie Nicht-Determinismus und sich verändernde Modellparameter.
3. Wie erkenne ich, ob meine KI-Anwendung validierungspflichtig ist?
Die Validierungspflicht hängt von der Kritikalität der Anwendung ab. Fragen Sie sich: Hat die KI direkten Einfluss auf Produktqualität oder Patientensicherheit? Trifft sie automatisierte Entscheidungen ohne menschliche Kontrolle? Ist sie GMP-relevant? Wenn ja, ist eine vollständige Validierung erforderlich.
4. Welche Dokumentation brauche ich für nicht-kritische KI-Anwendungen?
Auch nicht-kritische Anwendungen benötigen eine dokumentierte Risikobewertung, klare Nutzungsrichtlinien und einen funktionierenden Audit Trail. Die Anforderungen sind jedoch deutlich geringer als bei kritischen Systemen.
5. Wie bereite ich mein Labor auf die finale Version von Annex 22 vor?
Beginnen Sie mit einer Bestandsaufnahme aller KI-Anwendungen, implementieren Sie eine systematische GxP-Risikobewertung und etablieren Sie bereits jetzt die empfohlenen Kontrollmechanismen. So sind Sie vorbereitet, wenn die finale Fassung in Kraft tritt.
Fazit
Der neue Annex 22 ist eine Chance zur systematischen und regelkonformen Integration von Künstlicher Intelligenz im Labor. Unternehmen, die jetzt handeln, können KI-Innovation mit GMP-Compliance erfolgreich verbinden und sich wichtige Wettbewerbsvorteile sichern.
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